Seit Urzeiten kommen wir als Menschen zusammen um besondere Anlässe oder Momente im Leben zu zelebrieren. Dabei ist nicht immer entscheidend für wen die Zeremonie ist, sondern dass wir zusammen kommen um die Zeremonie und den Anlass als solches zu ehren. Und es gibt einige dieser Anlässe, die weltweit besondere Bedeutung haben – andere sind speziell in der jeweiligen Kultur verankern.

Noch heute können wir die Spuren unserer Vorfahren in den Zeremonien, die wir feiern erkennen: Von schwedischen Mädchen, die am Mittsommerabend um den Maibaum tanzen, über den Geburtstagskuchen, bis hin zum Osterfeuer. Zeremonien helfen uns im Fluss zu sein und zu bleiben.

Es gibt grob gesagt drei Arten von Zeremonien – die ersten orientieren sich am Jahreskreis und sind Feierlichkeiten zu Ehren des Lebens und des ewig währenden Zyklus. Die zweiten markieren Übergänge und wichtige Ereignisse in unserem Leben, sie erlauben uns Freude und Trauer auszudrücken und was vielleicht am wichtigsten ist: sie helfen uns unsere Identität zu schaffen und zu erhalten. Und die dritten sind diejenigen, die für besondere Anlässe wie Schutz, Klärung oder Heilung gedacht sind.

Zeremonien in modernen Zeiten

Jeder von uns hat schon an modernen Zeremonien teilgenommen, welche oft ihren Ursprung in uralten Traditionen haben. Das Anschneiden des Geburtstagskuchen, zu dem alle zusammen kommen und vor dem wir alle Kerzen auspusten, um uns einen Wunsch zu erfüllen. Den ersten belegten Ursprung hat dieser Brauch im alten Griechenland und zwar wurde er zu Ehren der Göttin Artemis, welche ein Powerhouse ist, abgehalten. Artemis ist eine der vielschichtigsten Göttinen, welche oft nur auf die Jagd, Jungfräulichkeit, Mond und Geburt reduziert wurde. In Wahrheit stand Artemis jedoch für alle Aspekte des Weiblichen.

Am Tag der Artemis wurde im alten Griechenland ein runder Honigkuchen gebacken, auf dem sich Kerzen befanden. Diese sollten mit der Kraft der Göttin Wünsche in Erfüllung gehen lassen. Die Griechen stellten diese Kuchen auf ihren Altar. In Deutschland ist der Geburtstagskuchen als solcher erst seit dem 19. Jahrhundert fester Bestandteil der Kindergeburtstage. Und wenn man sich noch einmal darauf einlässt woher er kommt – und dass die Griechen den Brauch sicherlich nicht erfunden haben – dann ist es ursprünglich ein Kuchen zu Ehren der großen Göttin, der Mutter – also quasi ein Mutterkuchen. Und damit fühlt sich dieser Brauch schon viel mehr wie eine tiefe Zeremonie an, die uns mittlerweile jedes Mal zum Tag unserer Geburt daran erinnert, woher wir kommen.

Überall in Deutschland brennen am Osterwochenende die Feuer. Was mittlerweile zu Festivitäten der freiwilligen Feuerwehren bundesweit und unter reger Beteiligung von Schützenvereinen stattfindet hat seinen Ursprung in einer tiefen und wichtigen Zeremonie – der Wiederentfachung des Feuers im Frühjahr. So wurden traditionell bei unseren Vorfahren alle Feuer gelöscht und dann mit dem Beginn des Frühlings neu entfacht. Dazu nutzte man ursprünglich die Feuersteine, später Stein und Metall. Dieses neu entfachte Feuer wurde dann genutzt, um alle Herd- und Hausfeuer neu zu entfachen. Paare sprangen über den frischen Funken und gaben sich ihr Versprechen für ein Jahr miteinander zu sein.

An diesen Beispielen wird deutlich wie sehr uralte Zeremonien weiterhin in unserem Leben verankert sind, auch wenn wir manchmal die ursprüngliche Bedeutung gar nicht mehr kennen. Doch unsere Seele erinnert sich und schöpft Kraft aus diesen Zusammenkünften und gemeinsamen Momenten. Diese uralte Erinnerung, die durch unsere DNA fließt, ist der Grund, warum wir an Traditionen festhalten, auch wenn wir manchmal gar nicht so genau wissen warum. Zeremonien helfen unserer Seele sich zu verorten. Sie geben uns ein Zuhause in uns selbst.

Zeremonie oder Ritual?

Was eine Zeremonie zu einer Zeremonie macht ist die Intention, mit der ich sie begehe. Denn durch die Intention erwecke ich das was ich tue zum Leben. Ich hauche ihm Glauben, Magie und Medizin ein.

Wenn die Moral verloren geht, herrscht das Ritual.

Das Ritual ist die bloße Hülle des wahren Glaubens.

Es ist der Beginn des Wirrwarrs.

Daher beschäftigt sich der Meister

mit der Tiefe und nicht mit der Oberfläche.

Mit der Frucht und nicht mit der Blüte.

LaoTse, Tao Te King

Das bedeutet für uns in der modernen Welt. uns den Moment zu nehmen etwas tiefer zu blicken als das, was sich an der Oberfläche befindet. Zu fragen, wo der Ursprung liegt und welche Bedeutung hinter den Dingen steckt. Oder ihnen im Zweifel unsere eigene Bedeutung zu geben. Solange wir einfach wiederholen, was uns beigebracht wurde, „Weil man das eben so macht“, solange gestalten wir ein Ritual. Eine festgelegte Abfolge von zeremoniellen Elementen, die im Zweifel schön anzusehen sind, jedoch eben nur eine Hülle. Dies ist der Moment, in dem der Wirrwarr entsteht – nicht notwendigerweise im Außen, jedoch im Innen. Denn das was wir uns erhoffen bleibt aus, die Verbindung, nach der sich unsere Seele sehnt, wird nicht hergestellt. Es ist fast wie eine offene Schlinge, in der wir feststecken.

Sobald wir jedoch Liebe, Intention und Fokus als Zutaten hinzugeben, kann daraus die Magie und Medizin entstehen, die wir suchen. Dann ist es nicht mehr entscheidend, wie das Aragement aussieht, sondern wie wir zusammenkommen. Dann ist es nicht mehr relevant, ob die Situation instagramable ist oder wir besonders hübsch sind, sondern dass wir präsent im Hier und Jetzt sind. Das ist der Moment, in dem die Zusammenkunft ihre Wirkung entfaltet.

Und so können wir selber entscheiden, wie wir jede einzelne Handlung begehen. Wieviel Energie und Fokus wir in den Geburtstagskuchen geben, mit welcher Intention wir das Osterfeuer entzünden, mit welcher Tiefe wir uns in die nächste Feierlichkeit begeben.

Zeremonien sind heilige Momente, die uns seit Urzeiten zusammenbringen. Und es ist an uns diese heiligen Momente wieder ins Hier und Jetzt zu bringen. Beginnen können wir dabei im Kleinen. Indem wir jede unserer Handlungen mit Intention durchführen. Indem wir bewusst in wichtigen Momenten präsent sind. Indem wir es uns wieder erlauben uns mit dem Ruf unserer Seele zu verbinden.

Denn unsere Seele ist im Hier und Jetzt zuhause. Sie war es schon immer. In der Vergangenheit lebt der Verstand, in der Zukunft der Mindfuck mit seinen ewigen was-wäre-wenn-Gedankenketten. Und so zelebrieren Zeremonien genau das: was hier und jetzt präsent ist.

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