Am Aschermittwoch ist alles vorbei… dann wurde die Fastenzeit eingeleitet. So habe ich es auch als Kind gelernt. Allerdings wird der Aschermittwoch erst seit Papst Gregor dem Großen als Beginn der Fastenzeit zelebriert. Vorher spielte dieser Tag keine besondere Rolle, da das Fasten kein bewusster Verzicht war, sondern den zu Neige gehenden Vorräten geschuldet war. Vor der Fastenzeit wurden die verderblichen Wintervorräte wie Fleisch aussortiert und mit dem Rest musste man dann bis zum Frühling auskommen. Daher kam auch der Name Karneval für die Festlichkeiten zum Schmaus – „Fleisch adé“. Die Kirche veränderte dann den Fokus etwas, verteufelte das närrische Treiben und unterstrich die Wichtigkeit der Buße und des Verzichts.
Keine Asche über mein Haupt
Für mich hat dieses Konzept immer schon etwas gehakt. Denn ich möchte mein Leben nicht über bestimmte „Auszeiten“ intensiv erleben, sondern jeden Tag genießen. Und ich glaube an Fülle und nicht an Verzicht. Ich glaube daran Dinge mit Liebe zu tun und nicht aus Angst. Deswegen ist meine Perspektive auf die Fastenzeit auch etwas ver-rückt. Anstatt Asche über mein Haupt in grau und grau, wähle ich Farbenvielfalt und Freude.
In vielen spirituellen Traditionen gilt der Zeitraum von 40 Tagen als einer, der einen Entwicklungsschub bedeutet. Das Wort fasten kommt vom ursprünglich von gotischen Wort fastan, welches „(fest)halten, beobachten, bewachen“ bedeutet. Das passt schon eher, auch im Zusammenhang mit den Nahrungsmitteln, die nun mit Argusaugen bewacht werden mussten. Ich nehme diese Bedeutung und lege bewusst meinen Fokus für 40 Tage auf etwas, was mir heilig und wichtig ist. Um es zu nähren und um mich zu nähren. Indem ich das, was mich nicht nährt loslasse. Und dazu nutze ich die folgenden drei Schritte.
Ein Kommen und Gehen
Zunächst überlege ich mir, wovon ich mehr in meinem Leben haben möchte. Was möchte ich begrüßen, was darf sich ausbreiten, was darf spürbarer oder sichtbarer werden? Aus den Dingen, die mir einfallen wähle ich dann eine Sache aus. Das kann beispielsweise Selbstliebe sein. Hört sich erst einmal abstrakt an.
Deswegen schaue ich dann auf mein Leben und überlege an welchen Stellen und mit welchen Verhaltensweisen ich genau das Gegenteil bewirke oder tue. Daraus ergeben sich dann konkrete Punkte, wie schlecht mit mir reden, binge-netflixen, Fast Food runterschlingen, morgens gestresst in den Tag starten oder zu viele Probleme anderer anhören.
Fastenzeit heißt „für mich“
Aus dieser Liste suche ich mir dann maximal 3 Dinge raus, die ich in den kommenden 40 Tagen fasten werde. Und ich überlege, was die Alternative ist.
- Beim stressigen Start in den Tag kann ich beschließen mir den Wecker früher zu stellen und Zeit für einen Tee zu nehmen.
- Anstatt Netflix zu schauen, lege ich mir 3 tolle Bücher neben mein Bett und kaufe mir schöne Zeitschriften für die Couch, um direkt Alternativen parat zu haben und nach Feierabend in die Selbstliebe gehen zu können.
- Anstatt den Problemen Anderer zuzuhören stelle ich mein Handy ab 20:00 auf lautlos, lege es zur Seite. Und nutze die Zeit, um mit einem Tee in meinen Magazinen zu blättern.
- Ich tausche Geschäftigkeit gegen Stille und nehme mir Zeit fürs Nichts-Tun – indem ich einfach nur sitze, liege, atme und wahrnehme anstatt noch schnell dies und jenes zu tun.
- Ich gönne mir Zeit mit mir anstatt zu schauen was die anderen tun und faste Facebook und Instagram für mehr „Me-Time“.
Fülle anstatt Verzicht
So wird aus Verzicht Fülle. So bedeutet die Enthaltung von ungeliebten Angewohnheiten eigentlich ein Einladen von mehr Liebe für mich Selbst. Dadurch, dass ich auf diese Art und Weise in ein „Für“ anstatt in ein „Gegen“ gehe, fällt es mir viel leichter, das Verhalten umzustellen. Und ich kann jeden Abend erfüllt ins Bett gehen. Und nicht mit dem Gefühl etwas verpasst zu haben.
Ich nutze die Fastenzeit damit als Zeit zum Aufblühen, als Einladung für Fülle als Einstimmung auf den Frühling, wenn die Blumen anfangen zu sprießen und die ersten grünen Blätter sich zeigen. Den Moment, in dem die Natur wieder erwacht.
Ich bin gespannt, wie dir dieser Ansatz zur Fastenzeit gefällt? Welches Thema wählst du für dich?
Liebe Kaja,
ich kann deine Philosophie und Einstellung zur Fastenzeit nur unterstützen.
Ich lebe gerade keine Fastenzeit, da ich mit meinen 40-Tage-Meditations Erfahrungen aus dem Kundalini/Tantra-Yoga gerade mein eigenes Timing habe.
Und das ist es, was ich meinen Leser*innen und Lesern immer wieder mitgebe: ihr wisst, was euch am besten tut. Hört auf euren eigenen Rhythmus.
Was es dafür braucht? Zeit, Mut und die Fähigkeit, auch *Durststrecken*, in denen man sich nicht hört oder den eigenen Rhythmus nicht findet, nicht als negativ zu bewerten, sondern abzuwarten und weiter zu suchen, horchen und leben.
Vielen Dank für die Inspiration und die tollen Bilder!
Joana
P.S.: Ich habe dieses Jahr mit einem Detox begonnen. Und als ich am zweiten Tag fest stellte, dass mein Körper nach mehr Kohlenhydrate verlangte, habe ich nachgegeben. Nicht, weil ich keine yogische Strenge aufbrachte, sondern einfach, weil die Zeit für ein strenges, reines Detoxen nicht die Beste für meinen Körper war.
Liebe Joana, genau so mache ich es auch.
Aus Liebe zu mir und meinem Körper handeln, anstatt den Willen des Kopfes durchzupeitschen.
Und festgelegte Feiertage sind für mich auch eher eine Erinnerung, als eine strenge Handlungsanweisung. Denn schließlich folgen wir unserem eigenen Rhythmus 😉
Alles Liebe,
KAJA
Hallo Kaja,
danke, dass du das mal erklärt hast, ich wusste das gar nicht. Das mit den 40 Tagen kenne ich aus dem Kundalini. Und damit ist jetzt auch klar, was ich die nächsten Tage machen werde: ein paar Kundalini-Übungen am Morgen, denn das tut mir richtig gut. Irgendwie ist mir das im letzten Jahr abhanden gekommen.
Und damit kommen vielleicht auch andere Dinge wieder 🙂 Ich mag das jetzt gerade bei diesem einem (anstatt drei) belassen und dort dann lieber dran bleiben.
Danke für deine Inspiration!
Liebe Judith,
wunderbar! Kundalini passt ja hervorragend 🙂 In diesem Sinne wünsche ich dir eine erfüllte Fastenzeit.
Alles Liebe