Willkommen zu Teil 10 der Mini-Serie: Weihnachts-Wahrheiten. Es geht um Wahrheiten über und Weisheiten zu Weihnachten und die Geschichten, die damit zu tun haben. Was wäre Weihnachten ohne Lametta?

Für meinen Vater war Lametta immer ein essenzieller Bestandteil des Weihnachtsbaumschmucks, das Glimmen der goldenen Fäden hat ihn immer wieder aufs Neue gepackt. Doch woher kommt eigentlich der Brauch Lametta an den Baum zu hängen?

Ob man es glaubt oder nicht, auch für Lametta gibt es eine Geschichte. Und nachdem ich die erfahren habe, sehe ich Lametta mit anderen Augen. Denn Lametta hängt zusammen mit der Weihnachtsspinne.

Früher war mehr Lametta

Es gibt eine Geschichte, die man sich noch heute in Polen, der Ukraine und anderen östlichen Ländern erzählt. Es ist die Geschichte einer armen, aber durchaus fleißigen Witwe, die einst mit ihren zwei Kindern in einer kleinen Hütte lebte. An einem warmen Sommertag fiel auf einmal ein Tannenzapfen auf den Erdboden der Hütte und begann zu wurzeln. Die Kinder trauten ihren Augen nicht und begannen voller Liebe und Hingabe den Baum zu pflegen. Es wäre das Größte, wenn sie zu Weihnachten einen Weihnachtsbaum haben könnten! Etwas, was die Witwe sie nicht hätte leisten können. Und so wuchs der Baum und die Kinder gaben ihm all ihre Liebe. Und als der Heiligabend kam (ursprünglich mal die Wintersonnenwende), da war der Baum ganz wunderbar gewachsen. Doch die Kinder waren traurig, denn sie hatten nichts, womit sie ihn schmücken konnten. Und so gingen sie traurig ins Bett und schliefen ein…. doch als sie früh am nächsten Morgen aufwachten trauten sie ihren Augen nicht. Der ganze Baum war eingehüllt von Spinnenweben. Es war magisch. Doch was dann passierte übertraf alles was sie kannten. Als sie die Fenster öffneten und die ersten Sonnenstrahlen die Spinnenweben trafen, verwandelten diese sich in Gold und Silber. Die Witwe und ihre Kinder waren überglücklich. Von da an lebten sie nie mehr in Armut.

Noch heute finden sich in Weihnachtsbäumen in Polen oder der Ukraine Weihnachtsspinnen in den Bäumen. Das Interessante dabei ist, wenn man sich die Spinne als Symbolanschaut, so steht sie für das urmütterliche, das urweibliche. Das Schicksal wurde von den drei Nornen gesponnen, die Spindel lässt Dornröschens Finger bluten und läutet damit die Menstruation ein, Goldmarie folgt ihrer Spindel in den Brunnen zu Frau Holle, der Großen Göttin. Und darum geht es ja auch in der Zeit nach der Wintersonnenwende – das Schicksal, welches uns im kommenden Jahr gewoben wird. Wir schauen ein wenig in die Zukunft und versuchen zu erahnen, was passieren wird.

Lametta und die Göttin

Die Spinne webt das Netz des Lebens. In vielen Kulturen steht sie ursprünglich für die Muttergöttin – ob es die drei Nornen unter dem Weltenbaum sind oder SpiderWoman bei den Navajo. Und so spinnt Frau Holle auch das Schicksal von Goldmarie und Pechmarie, und sie spinnt unser alle Schicksal. Denn sie entscheidet über den Gang der Zeit, wenn sie die Kissen schüttelt, dann schneit es und sie breitet ihre Decke über die Welt und alles muss ruhen. Wenn es an der Zeit ist, holt sie uns zurück in ihren Schoß, wenn es an der Zeit ist werden wir durch ihren Schoß wieder geboren. Und so erinnert uns das Lametta am Baum an die Große Göttin und daran, dass der Lauf der Zeit nicht von uns gesponnen wird, auch wenn wir es uns manchmal wünschen oder der patriarchale Größenwahn uns glauben lässt wird könnten es bestimmen.

Seitdem ich diese Geschichte kenne bin ich sehr viel versöhnlicher mit Lametta. Und vielleicht gibt es ja dieses Jahr auch eine Weihnachtsspinne.