Willkommen zu Teil 6 der Mini-Serie: Weihnachts-Wahrheiten. Es geht um Wahrheiten über und Weisheiten zu Weihnachten und die Geschichten, die damit zu tun haben.

Was ist Weihnachten ohne den Weihnachtsmann? Und: woher kommt er eigentlich? Es gibt diese Legende, die ich übrigens auch lange geglaubt habe, dass die rot weiße Farbe des Weihnachtsmannes von Coca-Cola kommt. Und das kommt natürlich total gelegen, denn auch da ist wieder eine Erzählung, die uns dazu bringt, dass wir die originäre Entstehung des Weihnachtsmannes vergessen. Denn: es gibt eine Geschichte vor der Geschichte des Weihnachtsmannes. Und bis hierher ist hoffentlich schon etwas deutlich geworden, dass wir, wenn wir die aktuellen Storys etwas drehen, wir auf den Kern und die Wahrheit dahinter stoßen.

Bevor der Weihnachtsmann mit seinem Rentierschlitten durch die Gegend gezogen, ist gab es Wintergöttinnen. Und es gab es Sonnengöttinnen. Auch die Sonne ist kein exklusiv maskulines Thema. Und so gab es eine ganz bestimmte Göttin, die es sich lohnt, genauer anzuschauen, wenn man wissen will, woher der Weihnachtsmann stammt. Die baltische Sonnengöttin Saulè ist quasi die Vorreiterin des Weihnachtsmannes. Saulè war in rot und weiß gekleidet und flog mit ihrem Rentierschlitten über das Firmament. Sie ist die litauische und lettische Göttin des Lichts und der Sonne.

Die Göttin bringt das Licht zurück

Saulè erhob sich zur Wintersonnenwende in einem von gehörnten Rentieren gezogenen Schlitten in den Himmel.  Sie reiste mit einem goldenen Becher, in dem sie ihre Tränen auffangen konnte, die sich dann in Bernstein verwandelten. Während ihres Fluges durch den Himmel warf sie diese Tränen aus Bernstein wie kleine Sonnenstücke und Äpfel in die Welt der Menschen hinunter.  Sie war eine spinnende Göttin, die ihre Fähigkeit nutzte, die Sonnenstrahlen auf die Welt zu schleudern.

Saulè herrschte über alle Teile des Lebens und bestimmte über Leben, Tod und das Wohlergehen und die Regeneration aller.  Sie war die Sonne, die jeden Tag in ihrem Wagen über den Himmel fuhr. Sie begrüßte auch die Seelen der kürzlich Verstorbenen in ihrem Apfelbaum im Westen.

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Die baltische Großmutter des Weihnachtsmannes

Das Interessante ist, dass wenn man und das interessante ist wenn man Saulè als Grundbild nimmt und dann in die europäischen Mythologien scheut, dann sieht man ganz viele Göttinnen, die mit ihrem Schlitten oder Wagen, welcher von Tieren gezogen wurde, durch die Gegend fahren. So gab es im Norden Freya mit den sieben Katzen und im Alpenraum Hulda mit den Kühen. Alle waren Repräsentanten der großen Göttin. Wir kennen sie noch als Frau Holle.  Interessant ist, dass es immer weibliche Tiere waren, die die Schlitten zogen, so auch bei Saulè. Ihre Rentiere waren weiblich, zu erkennen an dem Geweih, welches sie im Winter nicht abwarfen.

Wenn wir nun den Blick zurück zum Weihnachtsmann werfen, wird es also interessant. Es ist fast so, als ob man einfach die Geschichte der »Saulè« nahm und sie 1: 1 umgeschrieben hat und einfach alles Weibliche durch Männliches ersetzt. Aus dem Bernstein – welcher für die Menschen im Baltikum immensen Wert hatte, wurden Geschenke. Und den Rentieren gab man einfach männliche Namen. Doch leider hatte das Patriarchat in seinem Wahn alles Weibliche und Feminine auszumerzen, was nicht in das monotheistisch toxisch-maskulin geprägte Weltbild passte, übersehen: dass männliche Rentiere eben ihre Geweihe im Winter abwerfen… da half es auch nicht sie Rudolf und Blitz und Donner zu nennen.

Und somit kann man sagen: der Weihnachtsmann war eigentlich mal eine Sonnengöttin. Und noch heute hören wir nicht die Glöckchen, sondern das Klirren des Bernsteins, wenn sie wieder im Himmel unterwegs ist und ihn als Symbol des wiederkehrenden Lichts in die Schornsteine der Häuser wirft.


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