“The World will be saved by the Western Women.” Das hat der Dalai Lama 2009 in Vancouver auf dem International Peace Summit gesagt. Doch ich möchte heute die Frage stellen: Wird die Welt wirklich von den westlichen Frauen gerettet? Denn selbstverständlich bemühen wir alle allzu gerne dieses Zitat – kommt es dann ja auch noch vom Dalai Lama. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob dieses Zitat wirklich gültig ist. Denn zugleich hat es für mich, wenn wir es als „westliche weiße“ Frauen bemühen auch immer den Beigeschmack vom White Savior Complex. Wir werden die Welt retten.

Jedoch ist das Thema: Wir werden die Welt nicht retten, wenn wir nicht anfangen, genau das zu tun. Wir werden die Welt nicht retten, wenn wir uns jedes Mal das Privileg rausnehmen, auszuchecken, wenn es uns unbequem wird. Wir werden die Welt nicht retten, wenn wir nicht anfangen, uns aus unserer Komfortzone rauszubewegen. Das kann sich jetzt unangenehm lesen für die ein oder andere, aber ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns dem stellen. Weil das ist das, was wir als westliche Frauen, als europäische Frauen haben: Privileg. Das Privileg, uns zurückziehen zu können an vielen Stellen. Und oft nutzen wir dieses Privileg. Ich ertappe mich auch immer mal wieder dabei.  

Die ohnmächtige Frau

Ich möchte gerne darauf schauen, woran das liegt. Also auch insbesondere darauf schauen, wo dieses Verhalten herkommt und was das mit der Epigenetik zu tun hat, um das ganze Ding so ein bisschen aufzulösen. Denn diese Tendenz zu sagen: oh, das ist mir jetzt zu viel, da checke ich aus. Oder auch: oh, das kann ich nicht aushalten, da checke ich aus. Diese Tendenz ist eine, die oftmals in den Situationen spürbar wird, in denen es darum geht in Aktion zu gehen, in meine Macht als Frau zu gehen, mich sichtbar zu machen, für etwas einzustehen. Dabei ist es gerade dann so eklatant wichtig da zu bleiben, denn die Frauen in der Ukraine, im Jemen, in Äthiopien, im Iran, die alle können nicht mal gerade so auschecken. Die brauchen unsere Präsenz. Doch wir checken aus, obwohl wir noch nicht mal an vielen Stellen wirklich direkt betroffen sind. „Das wird mir zu viel.“ „Ich lass heute mal keine Nachrichten an.“ „Ich muss meine Energie hochhalten, ich muss gucken, dass ich in Ordnung bin.“ Ja und Nein.

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Es geht natürlich darum, dass ich klar bin, dass ich für mich einstehe, dass ich gucke, dass meine Bedürfnisse gewahrt werden. Und gleichzeitig zu erkennen, dass nichts von dem was wert ist, wenn es nicht allen anderen auch gut geht. Denn ich kann nicht sagen, ich habe als Frau meine totale Freiheit, wenn es mir scheißegal ist, wie es den anderen geht. Dann hängen wir im Patriarchat fest. Es ist wichtig, dass wir als Frauen unsere Bedürfnisse wieder erinnern und erkennen dürfen. Und gleichzeitig anzuerkennen, dass am Ende darum geht, dass am Ende die Bedürfnisse aller gewahrt sind. Ist für alle gesorgt, dann bin ich ja Teil von alle.  Somit kann ich mein Handeln auch immer wieder am höchsten und besten Gut aller orientieren. Ich bin Teil davon.

Das Riechsalz in die Hand nehmen

Das heißt nicht, dass ich in den Burnout laufen muss, dass ich komplett erledigt bin, dass ich komplett erschöpft bin, sondern dass wir anfangen, auch das Thema zu verändern, zu erkennen. Es bedeutet, dass ich mich um mich kümmern kann, natürlich kann ich das. Aber das ist nicht das Einzige, worum es in dieser Welt geht, denn wir sind keine Insel auf dieser Welt, wir sind alle miteinander verbunden. Im spirituellen Kontext wird es ja auch immer gerne wieder betont. Wir sind alle eins. Das bedeutet aber dann eben auch, dass das, was in anderen Ländern passiert, wo gerade Not, Krieg, Diskrimierung herrscht, eben auch mich betrifft. Ich bin Teil dieser dieses Netzes. Und den meisten von uns geht es so gut, dass wir was tun können. Egal was es ist. Es gibt so viele Optionen. Wir können spenden, wir können Menschen fragen, was wir tun können. Wir können kreativ werden. Wir können so viele Sachen machen. Ich habe zum Beispiel unter anderem den Fundraiser gestartet. Das heißt nicht, dass jeder von uns komplett die Welt verändern muss und zur größten Aktivistin werden. Sondern das bedeutet, dass wir wach bleiben, dass wir aufmerksam bleiben und dass wir erkennen, dass wir uns eben nicht immer wieder rausnehmen. Denn wenn wir das tun, gehen wir in die Phase der ohnmächtigen Frauen zurück. Wir verlassen unsere Macht, sind ohne Macht – eben ohnmächtig, bis man uns das Riechsalz unter die Nase hält.

Und natürlich ist es wichtig, dass ich meine Bedürfnisse wahre. Natürlich ist es wichtig, dass ich gucke, wo sind meine Grenzen? Und natürlich ist es wichtig, als allererstes überhaupt herauszufinden: was sind eigentlich meine wirklichen Bedürfnisse? Doch noch wichtiger ist es das Ganze nicht zur Ego Shit Show werden zu lassen. Sondern zu merken, dass wenn ich meine Bedürfnisse kenne, ich auch anderen viel besser helfen kann, ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Wenn ich weiß wer ich bin, dann kann ich auch mit anderen ganz anders in Kontakt gehen. Wenn ich gut für mich sorge und zwar auf die richtige Art und Weise, dann kann ich auch für andere sorgen. Es geht am Ende des Tages nicht um uns, es geht um etwas, das größer ist als wir. Und das ist auch gut so.

The World will be saved by the Western women.

Doch nur dann, wenn wir diesen Schritt gehen, raus aus der Komfortzone unseres kollektiv Riechsalz unter die Nase halten und wirklich erkennen: Wir sind diejenigen, die die Macht in der Hand haben.Wir sind diejenigen, die so viel Macht in der Hand haben, aber solange wir uns nicht dieses kollektive Riechsalz wieder unter die Nase reiben und wieder wach werden und in die Macht gehen, hilft es niemandem.

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