Wir steigen in das Thema Souveränität und Trauma über die Empathie ein. Denn am Beispiel der Empathie kann man das Thema wunderbar verdeutlichen. Empathie gilt in unserer Gesellschaft grundsätzlich als eine gute und erstrebenswerte Eigenschaft. Wir wollen emphatisch sein und möglichst einfühlsam der Person gegenüber sein, die mit uns im Austausch ist. Und das ist auch gut so. Schwierig wird es in dem Moment, in dem die Empathie so groß ist, dass wir sie nicht mehr beeinflussen können. Sprich jemand bekommt immer und überall alles mit, weiß immer ganz genau, was andere fühlen und brauchen. Wenn diese Fähigkeit jedoch beinhaltet, dass daraufhin auch immer eine Reaktion erfolgen muss, dass lohnt es sich genauer hinzuschauen.

Solange ich auf emphatische Wahrnehmungen reagieren muss, hänge ich noch im Trauma – dass ist Empathie in Wirklichkeit Co-Abhängigkeit. Und wenn wir in Co-Abhängigkeit sind, dann sind wir nicht frei und damit eben auch nicht souverän in unserem Sein. Das reagieren müssen ist eine traumatische Antwort auf eine Wahrnehmung. Empathie ist eine Fähigkeit, die kein Geschenk ist, was wir mitbekommen haben von Gott oder wem auch immer, sondern es ist – im Falle der Co-Abhängigkeit – ein traumatisches Verhaltensmuster, was wir gelernt haben, um im dysfunktionalen Familienkontext zu überleben. Solange ich reagieren muss, bin ich in Co-Abhängigkeit und bin deswegen nicht frei.

Doch wie kann ich nun herausfinden, was die traumatische Ursprungssituation ist? Der Ursprungsmoment kann enstanden sein, indem ich in einer Familie groß geworden bin, in der es für mich eklatant wichtig war, immer genau zu wissen, wer was wie fühlt, weil es überlebenswichtig war. Wo es überlebenswichtig war zu spüren, wie sich der angetrunkene Vater anfühlt oder die emotional missbräuchliche Mutter. Das bedeutet eben auch anzuerkennen, dass innerhalbt meiner Ursprungsfamilie Dysfuktionalitäten existierten und diese been nicht immer in pysisch missbräuchlichen Situationen entstanden sein müssen.

Von Trauma Response zum Geschenk

Die Fähigkeiten aus der Kindheit behalten wir auch als Erwachsene. Doch es ist an uns an einem Punkt zu erkennen, dass dies keine Gabe, sondern eben die Folge von etwas ist, eine traumatische Antwort. Erst dann können wir es schaffen den Zwang der Reaktion zu lösen und damit die traumatisch entstandene Fähigkeit in ein Geschenk zu verwandeln.

Das bedeutet in dem Fall der Empathie ich nehme das alles wahr, ich spüre, dass du traurig bist, ich spüre, dass du wütend bist. Ich spüre das, doch ich reagiere nicht mehr zwangsweise darauf, weil ich nicht mehr darauf reagieren muss. Als erwachsene souveräne Frau weiß ich, dass dein emotionaler Zustand nicht meine Verantwortung ist. So oft bekommen wir Dinge gesagt wie: „Oh, du bist ja so eine alte Seele oh, du bist ja so verständnisvoll oh, du kannst ja so viele Themen irgendwie tragen oder du kannst auch und so weiter und sofort“. Ganz oft kommen diese Dinge jedoch nicht als sogenannte Gottesgeschenke, sondern sie sind entstanden dadurch, dass wir in dysfunktionalen Situationen groß geworden sind. Das kann die Familie sein, oder aber auch die Schule oder ein anderer Kontext sein. Da haben wir uns diese Fähigkeiten angeeignet. Wir konnten gar nicht bei uns bleiben, sondern wir mussten bei den anderen sein, um zu wissen, was los ist. Solange das Trauma noch existiert, ist uns vielleicht gar nicht klar, wie emotional missbräuchliche Situation war, weil uns vielleicht jemand immer ins Vertrauen gezogen hat, weil sonst vielleicht jemand immer schon mit den Großen hat sitzen lassen und die großen Themen besprochen hat.

Erst wenn wir das anerkennen haben wir die Chance das Trauma zu lösen. Und damit Souveränität zu leben.