Heute Morgen hatte ich ein übles Déjà vu als ich aufgewacht bin. Wie einige Monate zuvor bin ich ins Bett gegangen mit der vermittelten Gewissheit, dass das Worst Case Scenario nicht eintreten würde. Und dann kam der Brexit.

Seitdem war ich vorsichtiger, aber auch gestern Abend wurde mir vermittelt, dass ich gut schlafen gehen könnte. Ich konnte es nicht, um ehrlich zu sein. Denn das komische Bauchgefühl vom letzten Mal machte sich auch dieses Mal wieder breit. Und als ich heute Morgen aufwachte hatte es sich bestätigt. Die Vergangenheit hatte wieder über die Zukunft bestimmt. Die Alten hatten die Jungen wieder überstimmt.

Nun kann man sagen, das ist Demokratie. Und im Kern ist das auch richtig so. Allerdings hat dieses Vorgehen einen Haken: diejenigen, die die langfristigen Konsequenzen der Entscheidungen tragen werden sind in der Minderheit. So langsam begreife ich, was es bedeutet zu sagen, dass Demokratie das bisher beste System ist was wir kennen, aber nicht wirklich das ultimativ Beste sein muss.

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Stellung beziehen ist unbequem

Überall auf der Welt bringt sich das Patriachat in Stellung. Putin, Erdogan, die Populisten überall in Europa und jetzt Trump. Es ist als ob wir den Rückwärtsgang eingelegt haben und direkt zurück in die Zeit von Säbelrasseln und Schwanzvergleichen gebeamt werden.

Als ich heute Morgen aufwachte wurde mir aber auch etwas klar – es ist an der Zeit lauter zu werden, bestimmter zu werden und vor allem nicht nachgiebiger zu werden. Dass ein Mann, der Frauen „bei der Pussy packt“, öffentlich rassistisch ist, diskriminiert und unverhohlen zugibt, dass ihn kein anderer interessiert als er selbst, demokratisch gewählter Präsident werden kann, zeigt, dass irgendetwas hier richtig falsch läuft.

Der Sieg von Trump ist ein Sieg des „ICH“ über das „WIR“. Es ist ein Sieg des momentanen Wohlbefindens über eine langfristige eventuell unbequeme Lösung. Es ist ein Sieg des Gestern über das Morgen.

Jeder von uns wählt – jeden Tag

Von uns konnte zwar niemand seine Stimme für Trump oder Hillary oder Jill abgeben, aber wir geben jeden Tag unsere Stimme für die Dinge ab, für die sie stehen. Und zwar durch unseren Konsum, unser Schweigen, unser Akzeptieren, unsere Bequemlichkeit.

Frauen bilden die Mehrheit der Weltbevölkerung. Frauen treffen 80% der Konsumentscheidungen. Frauen haben einen immensen Einfluss darauf, wie die kommenden Generationen die Welt wahrnehmen. Und Frauen entscheiden, wie andere Frauen und Menschen behandelt werden.

Ich bin mir durchaus darüber bewusst, dass die wenigsten ihr Leben von heute auf morgen komplett umkrempeln werden und vor allem jetzt wo der Winter vor der Tür steht sind Mahnwachen keine sexy Idee. Aber ich bin mir auch darüber bewusst – und vor allem an diesem Morgen im November, dass es an der Zeit ist zu handeln. Ansonsten bleibt Europa – oder gar Deutschland – am Ende ein gallisches Dorf auf der Landkarte derjenigen, die „Risiko“ mit der Welt spielen.

The winner takes it all

Wir brauchen neue Spielarten des Miteinander. Alternativen zu dem althergebrachten „divide and conquer“, zu dem Muskel- und Machtspielen der „Old Boys“ und vor allem zu einem Leadership, der auf Angst, Unsicherheit und Propaganda basiert. Für mich sollte guter Leadership Kreativität, Innovation, Sinnerfüllung und Wandel schaffen – und nicht dafür sorgen, dass wir in alten, verkrusteten Strukturen festhängen in denen die Alpha-Männchen sich gegenseitig auf die Schultern klopfen, während der Rest der Menschheit gucken kann, wo er bleibt.

Und so kann die Wahl vom Trump als US-Präsident ein Weckruf dafür sein, dass wir uns endlich wieder auf feminine Prinzipien und Qualitäten besinnen. Femininer Leadership steht für mich für einen Leadership, der für Nachhaltigkeit, Vertrauen, Liebe und Miteinander steht. Einen, der auf Inklusion anstatt Trennung setzt, der Integration über Ausbeutung stellt und Großzügigkeit vor Gier walten lässt. Es geht darum Konkurrenz durch Kooperation und Erobern durch Nähren zu ersetzen.

Sisterhood als politischer Akt

Wer jetzt stöhnt, wenn ich als Lösung die „Sisterhood“-Karte ziehe, hat das Konzept wahrscheinlich noch nicht ganz verstanden. Sisterhood ist für mich die unmittelbare Umsetzung femininen Leaderships. Sisterhood bedeutet für mich nicht, dass Frauen sich Blumenkränze ins Haar flechten, sich mit Räucherstäbchen in einem Kreis setzen und Mantren singen – obwohl ich es durchaus als eine Spielart begrüße.

Sisterhood ist eine Haltung, die das ICH berücksichtigt, aber auch immer das WIR im Blick hat. Sisterhood basiert auf der femininen Energie – und ja: auch Brüder sind willkommen! Es bedeutet zu verstehen, dass wir alle verbunden sind, dass es nicht nur einen geben kann, sondern wir gemeinsam mehr erreichen können. Sisterhood bedeutet zu verstehen, dass jede meiner Handlungen Einfluss auf meine Umwelt hat – ob unmittelbar oder mittelbar. Sisterhood ist das Bewusstsein darüber, dass die Welt nicht unser Besitz ist, sondern uns überlassen wurde, um sie für die zukünftigen Generationen zu erhalten.

Konkret heißt das, dass ich meine Konsumentscheidung bewusst treffe – der mächtigste Schalthebel gegen die Dinosaurier der „Fossilen Energie“, die Ausbeutung von Anderen und Konzerne wie Bayer, KOCH, Nestlé & Co. Es heißt, dass weniger auch mehr sein kann, ein schönes Kleidungsstück anstatt viele, Fleisch und Fisch als eine besondere Mahlzeit anstatt als Grundnahrungsmittel, Leitungswasser anstatt FIDJI.

Konkret bedeutet das, dass wir nicht mehr schweigen, weil wir nicht direkt betroffen sind – denn jede Ungerechtigkeit und Diskriminierung betrifft auch uns. Wenn die Ausnahme zum Normalfall wird verschwimmen die Grenzen. Toleranz ist die Faulheit, sich mit etwas auseinanderzusetzen, habe ich mal gehört. Und an vielen Stellen ist es ist bittere Wahrheit. Es heißt, sich schützend neben Opfer rassistischer Beschimpfungen zu stellen, unterschwellige Frauenwitze nicht zu belächeln, sondern zu entlarven und im Alltag einfach öfter mal Stellung zu beziehen, als sich wegzuducken.

Konkret bedeutet das, wieder lauter zu werden. Wieder sichtbarer. Wieder merkbarer. Und zwar nicht gegen das Alte, sondern für das Neue. Denn wenn wir gegen etwas kämpfen geben wir ihm Energie. Wir können das Neue schaffen, jeden Tag mit unseren Handlungen.

Erfahrung nutzen

Wir haben gelernt, was es heißt, wenn zu oft weggesehen wird. Wir haben erfahren, was passiert, wenn geschwiegen wird. Wir haben erlebt, was es heißt, wenn es zu spät ist, das Steuer rumzureißen. Und dass es dann einfach nur gruselig ist.

Und vielleicht ist es auch das, was uns von anderen Nationen unterscheidet und gerade jetzt auch bedeutet, dass wir mutig voranschreiten. Nicht dem zu folgen, was populär ist, sondern für das einzustehen, was richtig ist. Uns nicht im Schatten zu verstecken, sondern ins Licht zu treten. Und ja, es bedeutet auch, dass wir gesehen werden. Aber nur dann, wenn wir sichtbar, hörbar und spürbar werden, können wir etwas ändern. Und wer glaubt, dass kleine Dinge nicht ändern können, soll eine Nacht mit einem Moskito verbringen, sagt ein chinesisches Sprichwort.

Wenn ich in diesem Zusammenhang von Sisterhood spreche tue ich dass, weil ich glaube, dass vor allem wir Frauen es sind, die jetzt gefragt sind. Sisterhood ist mein Mutterboden. Es ist das was uns nährt – und zwar langfristig.

They tried to bury us. But we were the seeds.

Mexikanisches Sprichwort

Der Fakt, dass Donald Trump Präsident der USA geworden ist bedeutet nicht, dass die Welt morgen zuende ist. Und es wäre fatal zu sagen: ihr wolltet es so – jetzt schaut, was ihr davon habt. Denn das Denken in „wir“ und „die“ ist überholt. Es gibt nur noch ein „UNS“. Das gilt es zu verstehen, wenn wir die Schritte Richtung Zukunft machen.

Jede von uns kann einen Unterschied machen, jeden Tag. Für das einzustehen, woran man glaubt ist Leadership und es ist politisch. Und ja, ich glaube, dass vieles, das wir gerne als privat bezeichnen eigentlich auch politisch ist – wie wir unsere Kinder erziehen, wie wir konsumieren, wie.  Wir brauchen femininen Leadership jetzt mehr als je zuvor. Wir brauchen Frauen, die bewusste Entscheidungen treffen, ob an der Ladentheke, im Job oder im Familiären. Frauen, die ihre Stimme erheben – für sich und für andere. Mit jeder Handlung, die wir tun können wir inspirieren und motivieren. Es ist Zeit, dass wir uns gemeinsam erheben, unabhängig von existierenden oder gedachten Grenzen. Es ist Zeit, dass wir unseren Haltungen Handlungen folgen lassen. Denn es liegt in unserer Hand, wie wir diese Welt unseren Kindern übergeben wollen. Heute mehr denn je.

Ich nehme die Wahl von Donald Trump als Ansporn und Erinnerung. Er ist wie ein Post-It, dass mich jeden Tag daran erinnert in Leadership zu gehen. Donald Trump ist der Alarm, der mich wach bleiben lässt und mich dazu motiviert wieder mal einen Schritt über mich hinaus zu wachsen. So wie mit diesem Artikel. Donald Trump ist wie ein Trainer, der mich in Bewegung hält, solange solche Menschen an die Macht kommen, sind wir noch nicht am Ziel.

Und nein, ich werde mich nicht daran gewöhnen und damit abfinden, dass das alte System uns als das neue verkauft wird. Denn so sieht die Zukunft nicht aus. Gemeinsam können wir es beweisen. Uns und denen, die uns folgen werden.

In Sisterhood,

KAJA

 

Der November ist Zeit für femininen Flow und weibliches Awakening.

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