Der Mistelzweig ist unwiderruflich mit Küssen und Umarmen verbunden und doch erfährt dieser in England noch größere Popularität als hier. Und von der Insel führt uns die Spur zur Weihnachts-Wahrheit um den Mistelzweig.
An Türbogen oder ähnlich hohe Stellen wird um die Zeit der Wintersonnenwende (Weihnachtszeit) ein Mistelzweig nach altem Brauch, aufhängt. Unter dem Mistelzweig wird sich dann geküsst, umarmt oder Liebe gegeben. Zurückverfolgt besagt der Brauch, dass Frauen, die unter besagtem Zweig standen, geküsst werden durften. Im prüden England damals versprach es auch, dass der Moment gekommen war, dass frau sich verheiraten durfte. Der Zweig konnte auch den Segen über den Kinderwunsch entsprechen – es ging um Fruchtbarkeit und Fülle.
Es ist nicht ganz geklärt, woher der Brauch bzw. die Weisheit um den Mistelzweig entstammt. Die Mistel ist ja die einzige Pflanze ohne irdische Wurzeln, sie wächst hoch oben in Bäumen. Vielleicht erinnerst du dich an die Comics von Asterix und Obelix, in denen der Druide Miraculix auf Bäume klettert, um Misteln für den Zaubertrank zu ernten. Die Mistel war, besser ist noch immer, eine druidische, schamanische Pflanze. Da die Pflanze keine irdische Brücke hat, verbindet sie sich besonders gut mit der Anderswelt und kann ganz starke Kräfte entfalten. Darunter würde sie für Fruchtbarkeit eingesetzt. So findet sich der Kuss und der Segen für die Fruchtbarkeit auf dieser Ebene wieder.
Ein Pfeil aus Mistelzweig lässt die Sonne sterben
Die Mistel ist auch der großen Göttin Frigg, Freyja der nordischen Mythologie zugesprochen. Ihr Sohn Balda, wir kennen ihn als Sonnengott Baldur, erzählte seiner Mutter, dass er bald sterben werde. Sie alarmierte darauf alle, um den Tod der Sonne zu verhindern. Alle wollten helfen, nur Loki – Gott des Schalks, der Gemeinheit und des Bösen, schnitzte einen Pfeil aus einem Mistelzweig und brachte damit Baldur um. So starb die Sonne endgültig zur Wintersonnenwende, um dann durch die Tränen und die Liebe seiner Mutter, der großen Freyja, wiedergeboren zu werden. So sind wir in der Mythologie wieder bei »das Licht wird empfangen, das Licht wird neugeboren«. Und die Tränen der trauernden Mutter perlten auf den Mistelzweig und so entstanden die weißen Kugelfrüchtchen der Pflanze. Als ihr Sohn, die Sonne, wiederkehrt, schenkte Freyja allen Liebe und Umarmungen. Daher der Brauch, sich unter dem hoch hängenden Zweig zu küssen, sich zu versprechen und Liebe zu schenken.