Mal ehrlich, wenn du dich mit deinen Freundinnen austauschst, teilt ihr als erstes eure Erfolgserlebnisse oder sprecht ihr über das, was mal wieder nicht so richtig funktioniert hat? Erzählst du wie wunderbar dein Partner oder deine Partnerin ist oder erwähnst du eher, was wieder nicht geklappt hat, wo du enttäuscht warst, wo du dir mehr wünscht?

Direkt vorab: du brauchst dich nicht ertappt zu fühlen, denn leider geht es den meisten von uns so. Wir verbinden uns tendenziell in der Misere und über den Mangel, durch die Dinge, die nicht funktionieren, die Momente, in denen wir nicht gesehen wurden, die Situationen, in denen wir nicht zufrieden waren.

Mir ging es selbst auch jahrelang so, bis ich erkannte, was wirklich hinter diesem Muster steckt. Und wie es dafür sorgt, dass wir uns als Kollektiv der Frauen in der Misere und im Mangel halten, anstatt in unsere Macht und unsere Möglichkeiten zu gehen.

Krabben als Köder

Vielleicht kennst du die Geschichte vom Krabbenkorb. In der werden Frauen mit den Krabben verglichen. In Deutschland wird diese Geschichte insbesondere für Frauen verwendet. Dabei wird gesagt, dass wenn eine Krabbe versuche aus dem Korb zu krabbeln, die anderen sich dranhängen und sie dadurch wieder zurückziehen. So würde Frauen sich gegenseitig am Aufstieg hindern. Auf den ersten Blick können sicherlich einige das Gefühl bekommen, dass diese Geschichte ja total stimmig sei. Wir alle haben sicherlich schon einmal eine Frau erlebt, die uns runtergezogen hat. Doch die Wahrheit ist, dass diese Geschichte ein patriarchales Narrativ ist, welches uns in die Irre führt und mal wieder die Frauen als Schuldige dastehen lässt.

Denn die Wahrheit ist: Die Krabben können nicht einfach so aus dem Krabbenkorb krabbeln. Wäre dies möglich, würden sie es tun. Und das Gleiche gilt für Frauen – wir können nicht so einfach aus dem patriarchalen Korsett aussteigen – wäre es möglich würden wir es tun und die Welt wäre eine andere. Morgen schon. Denn oftmals sind wir uns nicht einmal über den patriarchalen Krabbenkorb bewusst. Die Idee davon, dass wir Frauen alle denken:“ Was ich nicht habe, sollst du auch nicht haben.“ ist ebenfalls ein Mythos, der so lange wiederholt wurde, bis wir ihn glaubten und selber dachten. All dies sind epigenetische Prägungen, Idee und Verhaltensweisen, die über die Jahrhunderte und Jahrtausende immer wieder wiederholt und damit tiefer in unser Kollektives Gedächtnis und unseren kollektiven Emotionalkörper eingeprägt wurden.

Die Wahrheit ist: für Frauen war es einfach sicherer – überlebenssichernd – wenn sie sich in ihrer Misere anstatt in ihrer Macht verbanden – denn Macht wurde ihnen im Patriarchat abgesprochen – wir sehen es heute ja auch noch oft genug. Der Machtanspruch darf von Männern kommen – dort wird er gefordert und gefördert. Kommt er aber von einer Frau, dann wird es gefährlich. Denn eine mächtige Frau könnte die Strukturen zum Schwanken bringen. Oft genug haben wir als Frauen erlebt, dass wenn andere Frauen in ihre Macht gehen, dies Konsequenzen für uns alle haben kann. Und die Wahrheit ist auch: für die längste Zeit des Patriarchats gab es für Frauen einfach mehr Misere, denn wir konnten nicht frei wählen, wie unser Leben auszusehen hat.

Falsche Erwartungen führen zu verzogener Wahrnehmung

Und der andere Punkt ist: wir erwarten im beruflichen Umfeld von Frauen eine ganz andere Solidarität als von Männern, weswegen wir auf Frauen, die sich nicht kollegial verhalten intensiver und deutlicher reagieren als auf Männer, die dies nicht tun. Denn wenn wir ehrlich mit uns sind, dann sind wir es kollektiv gewohnt von Männern übergangen, ignoriert oder zur Seite geschubst zu werden – vor allem, wenn es um die Erfüllung ihrer Bedürfnisse geht. So ist es eben im Patriarchat. Von Frauen erwarten wir Solidarität in der Misere – historisch gesehen verständlich – und bemerken viel deutlicher, wenn diese ihren Fokus auf sich setzen, wenn diese in ihre Macht gehen und damit alte kollektive epigenetische Trigger aktivieren. Denn: was ein Mann darf ist für eine Frau auch im Jahr 2022 immer noch nicht automatisch okay.

Dies ist ein guter Moment, um auch noch einmal bei dir selbst einzuchecken: wie siehst du Männer, wie siehst du Frauen? Was erwartest du von Männern, was erwartest du von Frauen? Was erlaubst du Männern, was erlaubst du Frauen? Egal wie die Antworten lauten, verurteile dich nicht direkt – wir brauchen nicht noch mehr Frauen, die sich runtermachen – sondern sei dankbar für die Beobachtung und die Klarheit. Von dieser Erkenntnis aus können wir beginnen aktiv etwas zu ändern. Unser inneres Patriarchat ist stärker und präsenter als wir es oftmals glauben. Es ist nicht unsere Schuld, dass es so ist. Doch wenn wir es erkennen, ist es unsere Verantwortung, etwas zu ändern.

Es beginnt mit uns

Was wäre also, wenn du bewusst beginnst dich in Zukunft in deiner Macht mit den Frauen um dich herum zu verbinden? Was wäre wenn wir beginnen uns in unserer Macht zu bestärken, anstatt die Misere zu vertiefen? Wie könnte das für dich aussehen?

Ich habe ganz konkret damit begonnen über meine Erfolge zu sprechen, die Dinge die gut laufen und das, was mich erfreut zu teilen. Mit meinen Freundinnen habe ich eine „Prahle-Kultur“ entwickelt. Als erstes teilen wir uns die tollen Dinge mit, die passiert sind oder die wir selber gestaltet haben. Mindestens einmal in der Woche teilen wir für was wir in unserem Leben dankbar sind. Und wir sind ehrlich was unsere Wünsche und Visionen angeht – sie werden geteilt und von niemandem angezweifelt. Denn Zweifel sind die Cousinen von Misere und Ohnmacht.

Wenn wir dieses gesellschaftliche System verändern wollen, dann muss die Veränderung mit und durch uns beginnen. Und zwar mit machtvoller Lebenslust! Und wenn du richtig einsteigen willst, das Sovereignty Re-Bootcamp startet bald!

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